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28. September 2022 - Einschlafprobleme. Wenn man in östliche Richtung fliegt, soll der Jetlag noch schlimmer sein, sagen alle.

Das kann ich nur bestätigen. Seit unserer Rückkehr aus Kanada bin ich abends putzmunter, völlig ungewöhnlich, da ich gerne früh zu Bett gehe. Ein Gedankenkarussell wirbelt dann durch meinen Kopf. Ich sehe Nomad an Land stehen, als wir uns um 06:00 Uhr Früh von ihr verabschiedeten. Ein langer, einsamer Winter erwartet sie, voller Regen, Kälte, Stürme und Frost. „Steh es durch, altes Mädchen“, meinte Wolf und klopfte noch einmal an ihren Rumpf. Dann die langwierige Reise von der Insel Texada nach Vancouver mit dreimal Fähre und zweimal Bus. Weiter mit dem Flieger nach Toronto und von dort über Lissabon nach Wien. Ein Teil von uns scheint immer noch unterwegs zu sein.

Wieder in Österreich zu sein, fühlt sich gut an. Alles so herrlich grün hier und an den Bäumen noch kaum ein braunes Blatt. „Letzte Woche hat es geregnet, das zeigt sich“, begrüßt uns die Nachbarin. „Wahrscheinlich das letzte Aufbäumen des Sommers, der Mondwechsel hat Kälte mitgebracht.“ Wahrlich, gleich bei unserer ersten Wanderung stapfen wir im Schnee zum Gipfel der Rax. Strahlendes Herbstlicht. Ich liebe diese Jahreszeit. Kann mich nie am Farbenspiel satt sehen, nie an der klaren, knackigen Luft satt atmen. Jedes Jahr ein neues Wunder, und doch jedes Mal der gleiche Gedanke: Wieder nichts mit endless summer.

Wenn es so etwas wie eine Zusammenfassung der letzten vier Monate gibt, dann vielleicht ein Gefühl der Dankbarkeit. Dankbar, dass wir einander haben, dass wir einen entspannten Sommer in Kanada erleben durften und wieder gesund hier gelandet sind, dass unser Boot in einer leistbaren Werft auf der Insel Texada steht, dass wir in Puchberg ein kleines Zuhause haben und ab Mitte Oktober wieder Vorträge halten werden. Ab und zu ist es gut und wichtig, die Dinge mit Distanz zu betrachten.

Natürlich wiegen die düsteren Zukunftsaussichten schwer, etwas ist durchgängig auf Moll gestimmt. Jeder versucht auf seine Weise mit dieser erbarmungslosen Welt klarzukommen. Die Erde aber dreht sich weiter, die Sonne sinkt und geht am nächsten Morgen wieder auf. Was für ein Wunder! Ich habe mich bis jetzt immer auf das Leben verlassen, und ich glaube, ich sollte es weiterhin tun.

Links oben: Nomad kommt aus dem Wasser auf der Insel Texada / unten: Wanderung auf die Rax