Kodiak tut gut

1. August 2021 - „Ihr habt den Sommer aus Hawaii mitgebracht“, begrüßt uns Elke im Habormaster Office von Kodiak. „Bis jetzt war es hier nur kalt und regnerisch!“

Mit Elke können wir Deutsch reden, sie wuchs in Namibia auf, studierte in München Musik, lernte in New York ihren Mann kennen und lebt seit 35 Jahren in Kodiak. Wir verstehen uns auf Anhieb, quasi Seelenverwandtschaft. Elke borgt uns ihr Auto zum Einkaufen und zum Erkunden der Insel, schenkt uns Fisch und ihre Zeit.

Festgemacht auf Liegeplatz B19 sind wir im Hafen die einzige Fahrtenyacht. Wir verließen Kauai (Hawaii) zwar mit drei anderen Segelbooten (mit der holländischen „Zouterik“, dem amerikanischen Katamaran „Moorea“ und mit der kanadischen „Caractère“), aber die trudeln erst in den kommenden Tagen ein. Und als sie dann eintreffen, gibt es ein großes Hallo. Wir Yachties rücken in einer Gegend, wo es nur wenige von uns gibt, wieder enger zusammen. Die Abwesenheit von einem Zuviel an Booten führt zu enger Verbundenheit und innigen Freundschaften. Man geht wieder aufeinander zu.

Nach dem touristischen Hawaii fühlt sich Kodiak total bodenständig an. Völlig ungeschminkt. Das Städtchen beeindruckt mit seiner unwiderstehlichen Natürlichkeit. Egal ob im Harbor Café, in der Brauerei, im Pub oder im Supermarkt die Leute sind völlig entspannt, zeigen Interesse, wollen wissen, woher wir kommen, wohin wir segeln. Das Konzept Amerikas vom Schmelztiegel der Welt funktioniert nirgends besser als in Alaska, dem Staat der Zugereisten. Fast jeder kam mal als Outsider oder hat Vorfahren, die es hierher zog. Das verbindet und macht die Menschen offener und hilfsbereiter.

Die Fischer, mit denen wir am Steg liegen, sind wilde Kerle mit einem Markenzeichen: den kultig braunen XTRATUF-Gummistiefeln. Sie flicken Netze, reparieren Schiffsmotoren, geben uns Lachs und Heilbutt. Raue Schale, weicher Kern. Alles in der Welt ist anders geworden, nur die Fischer arbeiten immer noch wie vor zig Jahren. Anstrengend. Gefährlich. Befriedigend. Hört man ihnen lange genug zu, erzählen sie Geschichten aus ihrem harten Leben. Und von der Katastrophe letztes Jahr zu Weihnachten, als ein Schiff in der Bering See wegen zu viel Eis an Deck und auf den Reusenkörben plötzlich kenterte und unterging. Mit Mann und Maus.

„Ich freue mich, dass durchreisende Yachten wieder bei uns vorbeischauen“, meint der Tankwart und nimmt mir die Bugleine beim Anlegemanöver ab. „Ihr seid das erste ausländische Boot seit mehr als einem Jahr!“ Es gibt sie tatsächlich: Orte, wo wir Segler mit offenen Armen empfangen werden, wo wir willkommen sind. Die Welt ist noch nicht ganz verloren. Die Welt braucht einfach mehr Kodiak!