Aloha!

23. Mai 2021 - Der Gedanke, dass unsere Reise nach Hawaii vielleicht doch keine so gute Idee war, kommt auf, als wir hören, dass wir offiziell nur 72 Stunden in Hilo ankern dürfen.

Bleiben wir länger müssen wir ein Ansuchen an das Department of Land and Natural Resources, Abteilung Boating stellen, seitenlange Formulare digital ausfüllen und unser Boot einem Vessel Safety Check unterziehen lassen. Außerdem werden pro Tag 27 Dollar Ankergebühr fällig. Für den Sicherheitscheck holen wir Scott, den Hafenmeister, vom Strand ab, der selbst kein Dingi besitzt. Während er genüsslich bei uns an Bord Espresso trinkt, prüft er Signalraketen, Schwimmwesten, Rettungsinsel, Epirb, Bootspapiere, Versicherungspolizze, usw. Den „Buoy-Run“ erspare ich Euch“, meint er lachend. „Ihr seid von den Marquesas hierher gesegelt, also werdet Ihr wohl auch von einer Boje zur anderen fahren können.“ Nach zwei Stunden hat Nomad den Test bestanden. Halleluja! All das nur wegen dem neuen Ofen, auf den wir seit Tagen warten und der eigentlich per FedEx express schon lange in Hawaii angekommen sein sollte.

Überraschung Nummer 2: Wir erhalten im Safeway Supermarkt unseren Corona Erststich. Völlig unkompliziert nach digitaler Anmeldung. Das nenne ich die wunderbare Leichtigkeit des Impfens!

Erlaubt ist, was nicht verboten ist – mit diesem simplen Grundsatz schlagen wir uns durch das wuchernde Gestrüpp der Covid-Verordnungen. Automieten funktioniert zum Beispiel nur mit frischem PCR-Test, der auf Hawaii 140 Dollar pro Person kostet. Ein kleiner Autohändler borgt uns auch ungetestet einen Wagen. Am nächsten Morgen fahren wir zum Hawaii Volcanoes-Nationalpark, die Hauptattraktion der Insel. Auf der Frontscheibe läuft ein endloser Film über Lava und Felsen, Felsen und Lava. Brodelnde Krater und rotglühende Lavaströme, die sich ins Meer ergießen, gehören leider der Vergangenheit an. Eine Inselrunde an nur einem Tag kann man sich getrost abschminken. Zu groß, zu weit sind die Distanzen. Aus diesem Grund schaffen wir es leider auch nicht zum Captain-Cook-Denkmal in der Kealakekua Bay, wo der berühmteste Seefahrer aller Zeiten 1779 während eines Streits von Polynesiern erschlagen wurde. Zwei Merkmale springen auf Big Island ins Auge: Die leewärts gelegenen Küsten sind sonnig und trocken, doch ihr Klima und die natürliche Vegetation kommen Death Valley näher als einer tropischen Trauminsel. Die Luvseiten zeigen sich grün, fruchtbar und schrecklich regnerisch, genauso empfinden wir Hilo: kühl und nass.

Zu den subtilen Nebenwirkungen von Covid-19 gehören zwei mir bisher eher fremde Eigenschaften: Geduld und ein gewisser Fatalismus. Zum Beispiel die Sache mit dem Paket nach Hilo. Lieferzeit vier bis fünf Tage hieß es vor knapp zwei Wochen, aber wir warten immer noch. Ich hänge stundenlang am Telefon, spreche mit diversen Mitarbeitern des Paketdienstes, auch mit einem Zollbeamten in Memphis, Tennessee. Dem erkläre ich, dass mein Mann mit mir nach Alaska segeln möchte, und ich ohne Ofen nicht ablege. Das verstehe er, meint er belustigt und versichert, dass das Paket in ein bis zwei Werktagen bei uns eintreffen werde. Am Tag der endlich per SMS angekündigten Lieferung warten Wolfi und ich vier Stunden lang vergebens im Haus unserer Freundin Ydine in Downtown Hilo. Macht ja nichts, denke ich mir. Ist halt so. Morgen ist auch noch ein Tag. Ich erinnere mich, dass Segelfreunde auf den Tuamotus drei Monate lang auf Ersatzteile warten mussten. Vor zwei Jahren noch wäre mir diese durch die Pandemie erzwungene Entschleunigung unvorstellbar bizarr vorgekommen. Inzwischen frage ich mich, was davon bleiben wird. Alles was es braucht, ist ein grenzenloses Vertrauen und der Glaube an Wunder. Zwei Tage später wird unser heiß ersehnter Refleks-Dieselofen tatsächlich zur Adresse unserer Freundin geliefert. Ein hilfsbereiter Nachbar übernimmt die Schachtel, und Ydine, diese lebenslustige junge Frau liefert uns am Abend die Box bis zum Dingi. Zoll haben wir übrigens keinen bezahlt. Mahalo nui loa! Many thanks!

Ankerplatz Hilo, Big Island, Hawaii:

Man ankert gut geschützt in der Reeds Bay, der Ankergrund besteht aus Schlamm und Lavafelsen. Das Dingi lässt man am besten am kleinen Strand und kettet es an einem Baum fest. Wie meist in den USA ist das Leben ohne Auto mühsam, der Fußmarsch nach Downtown Hilo dauert gut 45 Minuten, genauso weit ist es zu den Shopping Malls, wo sich die großen Supermärkte befinden. Es gibt sporadisch einen Bus, aber die Abfahrtszeiten stimmen nicht immer. Die meisten Segler fahren mit Uber oder mit dem Fahrrad.

Das 72 Stunden Ankerlimit gilt für alle Hawaii Inseln, wird aber nicht überall streng kontrolliert.

Unser Lieblingslokal in Downtown Hilo: Café Pesto, wahrscheinlich weil ich dort nach mehr als einem Jahr wieder mal Prosecco getrunken habe. Cheers!