Roadtrip - Rocky Mountains

16. Juni 2017 - Startprobleme. Vom Kauf eines Gebrauchtwagens hatten wir geträumt, mit dem wir von Toronto bis zu unserem Boot in Inuvik düsen wollten.

Aber Autowracks um zuviel Geld und unsere nicht vorhandene Geduld riefen eine andere Idee hervor: Mit einem Wohnmobil die Rocky Mountains erkunden. Doch das Mieten von Wohnmobilen ist nichts für spontane Freigeister. Natürlich gibt es sie, diese tollen Camper mit allem Pipapo. Man muss sie aber mindestens ein halbes Jahr im Voraus buchen, sonst sind sie futsch. Und so kommt alles ganz anders als geplant. Wir fliegen von Toronto nach Edmonton und mieten dort für knapp drei Wochen einen Dodge Grand Caravan, ein Kombi, der lang genug ist, um darin zu schlafen. Das ist so unperfekt wie das Leben selbst.

Wir wollen in den Rockies Bergtouren unternehmen, im Wald campen, Wildnis spüren, in die Weite starren, uns an Seen, Gebirgsflüssen und Canyons satt sehen, Bären beobachten und, und, und ... Klappen die Armlehnen unserer Autositze herunter, stellen zwei dampfende Kaffeebecher auf die Mittelkonsole und drehen das Radio laut auf. Johnny Cash tönt uns entgegen: "One piece at the time"! Ich könnte ewig so weiterfahren, meine Augen gleiten über die Landkarte und ich rechne aus, wie lange wir bis nach Vancouver bräuchten. Nur das Wetter macht uns einen Strich durch die Rechnung. In den Bergen und vor allem auf höher gelegenen Pfaden liegt noch massenhaft Schnee. Wir hätten die Schi mitbringen sollen oder zumindest Schneeschuhe. Die Nächte im Auto sind saukalt, wir schlafen in Merino-Unterwäsche, Fleecejacken und mit Haube im Schlafsack. Sommerurlaub haben wir uns anders vorgestellt. Regen knallt wie tiefgefrorene Erbsen aufs Dach.

Von Jasper düsen wir auf dem Icefields Parkway, einer der schönsten Fernstraßen der Welt, durch das Herz der Rocky Mountains Richtung Banff. Immer wieder schiebt sich ein neuer Gletscher, ein weiterer Dreitausender in den Blick. Dieses weite Land ist schwer zu fassen. Grizzlys und Schwarzbären queren die Straße, Elchkühe spazieren durch Campingplätze und Erdhörnchen betteln bei jeder Rast um Essensreste. Unsere geplante Route, das stellen wir schnell fest, fahren auch alle anderen Kanadier-Entdecker. Lookouts sind voll mit Touristen, die vor allem damit beschäftigt sind, sich selbst zu portraitieren. Oft muss man in Deckung gehen, um nicht von einem Selfie-Stick getroffen zu werden.

Mittlerweile sind wir Profis. Fahren souverän mit Tempomat, drücken am Autoschlüssel nicht mehr die Panik-Taste, duschen auf Campingplätzen immer abends, weil morgens die Waschräume zu voll sind und wollen uns nun weniger bekannte Gegenden aussuchen. Und jeder Tag, den wir in dieser spektakulären Natur verbringen dürfen, stimmt uns einfach glücklich und zufrieden.