Wir orientieren uns nach Algorithmen. Im täglichen Leben genauso wie beim Reisen mit dem Segelboot.
Wir lassen uns von Maschinen beraten und im Netz von Leuten, deren Geschmack und Sachverständnis wir nicht kennen. Ich habe heute zum Beispiel gegoogelt, ob sich die Wanderung auf den Mount Yasur, der aktive Vulkan der Insel Tanna, lohnt oder ob wir doch bequemer mit dem Auto knapp unter den Kraterrand fahren sollen? Fazit: Ich bin so unentschlossen wie zuvor. Einige loben den Anstieg zu Fuß, andere meinen, dass sich der Aufwand nicht auszahle. Außerdem sei der Vulkan derzeit völlig unspektakulär, weil kaum aktiv.

Wie wäre es, Dinge wieder selbst zu entdecken? Sich nicht alles tausendmal vorgekaut servieren zu lassen, sondern es selbst auszuprobieren? So wie wir Segler das früher gemacht haben, als wir noch kein Internet an Bord hatten. Heute ist das kaum mehr vorstellbar: einen Ankerplatz anzusteuern, ohne 20 Bewertungen auf Navionics oder Noforeignland gelesen und online alle lohnenden Ausflüge in der Umgebung recherchiert zu haben. Das Problem dabei: Man weiß vorher schon alles. Es gibt keine Überraschungen mehr. Und kein Risiko. Aber gehört das nicht irgendwie auch zum Reisen? Mal einen Flop zu landen? Mal einen schaukeligen Ankerplatz zu erwischen? Mal wieder einen Hafen ansteuern ohne zu wissen, welches Boot dort sein wird? Sich einfach verblüffen lassen? Ein Lokal ausprobieren, ohne den Gedanken im Kopf zu haben, dass 25 Gäste den Cheeseburger „nicht perfekt“ fanden. Vielleicht schmeckt er eh ganz okay.

Und ist es nicht furchtbar langweilig, sich immer nach den anderen zu richten? Ich möchte lieber selber denken, entscheiden, erleben, vielleicht auch mal scheitern. Wir ignorieren alle Bewertungen im Netz und wandern mit Donavan, unserem Guide, rauf zum Mount Yasur. Wegen des späten Starts erreichen wir den Kraterrand erst kurz vor Einbruch der Dunkelheit. Auch gibt der berühmte Vulkan nur ab und zu ein Grollen von sich und faucht und spukt sehr verhalten. Aber allein die Begegnung mit dem charismatischen Donavan und seiner Familie zeigt uns wieder, was beim Reisen so wichtig ist. Dass wir mit den Leuten reden und mit ihnen lachen, dass wir von ihrem Leben erfahren und zuhören, was sie bewegt. Es geht um die Verbindung. Keine Reise durch Landschaften aus Hyperlinks und Hashtags. Keine manische Vernetzung. Sondern eine tiefe, innige, nahe Verbindung – selbst wenn sie nur eine Wanderung lang, ein paar Stunden oder einen Abend währt.
