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Unter Wasser

veröffentlicht am: 03. August 2020 | Doris Renoldner

27. Juli 2020 – Gegen sechs Uhr Früh küsst die Sonne das Makemo-Atoll wach. Ein neuer Tag, ein neuer Anfang, so groß, so aufregend und so leise wie die Liebe.

Mehr noch als das überfließende Licht, den fernen Brandungssound und die Morgenstille genieße ich die warme Luft, die sanft meinem Gesicht entlangstreift. Es ist ein Vergnügen, das Farbenspiel in der Lagune zu beobachten. Wir lassen uns Namen einfallen für das changierende Blau des Wassers: Luftpostpapierblau, Tintenblau, Pistaziengrünblau, … Atolle sind wie Zeitkapseln. Sie bewahren jeden Moment in besonderer Weise auf.

Bei Stillwasser düsen wir mit dem Beiboot zum Arikitamiro-Pass und lassen uns am östlichen Rand ins Wasser gleiten. Kaum im flüssigen Element ändert sich alles. Wir schweben. Abtauchen, Wegtauchen, Untertauchen – das sagt man nicht von ungefähr, wenn man der Welt entkommen will. Ich fühle mich wie in einem Paralleluniversum. Alles kommt mir bunt und riesig vor. Die Geräusche sind still und gedämpft. Das leichte Klicken von Muscheln, die sich schließen, das dumpfe Grollen der Wellen, die draußen am Saum des Riffs brechen. Dazu der beige Sand, der im zarten Muster der Wellen wie gekämmt am Boden liegt. Hirnkorallen faszinieren mich, wegen ihrer Form und ihrer vielfältigen Windungen ähneln sie verblüffend einem menschlichen Gehirn. Wolf deutet auf einen Schwarm von Schnappern, der sich ins tiefere, dunklere Wasser verzieht. Knapp unter mir Papageienfische, die lebenden Aquarellen gleichen. Sie weiden Grünalgen von der Oberfläche einer Steinkoralle ab. Ich kann sie knabbern hören. Langsam setzt einlaufender Tidenstrom ein, unsere Körper werden sachte in die Lagune gedrückt. Wir stemmen uns ins Dingi, fahren rüber zur Dorfseite des Passes und gehen in der Nähe einer Fischfalle erneut schnorcheln. Hier gleiten wir schwerelos wie durch ein Aquarium. Schwarz weiß gestreifte Soldatenfische schwirren herum, ein stattlicher Zackenbarsch zieht mit gemächlichen Flossenschlägen an uns vorbei, eine Muräne windet ihren aalartigen Körper langsam aus einer Spalte. Wolf lächelt hinter dem Glas seiner Maske und formt Daumen und Zeigefinger zu einem Kreis, unter Tauchern das Zeichen für: Perfekt. Wie aus dem Nichts sind sie da: zwei prachtvolle Weißspitzenhaie, zwei majestätische Schwimmer. Sie patrouillieren ihr Revier ab, geben sich unbeeindruckt, obschon sie unsere Anwesenheit sicherlich registriert haben. Faszination angesichts dieser perfekt wirkenden Tiere.

Stumm und tief bewegt vom eigentümlichen Zauber der Unterwasserwelt fahren wir retour zum Ankerplatz. Ich lege mich zum Aufwärmen aufs Vordeck, mit Salz auf der Haut, Salz auf den Lippen, Salz im Blut. Wieder einmal wird mir bewusst, wie wenig ich eigentlich vom Meer weiß. Wie funktioniert dieser gewaltige flüssige Lebensraum, der unsere Erde bedeckt und dem wir alle entstammen? Wie konnte im Urozean Leben entstehen? Viele Fragen und herumirrende Gedanken. Ich muss nicht alles verstehen, aber ich weiß, dass wir Menschen eine starke Verbindung zum Meer haben. Wir lieben seinen Duft, seinen Anblick und seine Geheimnisse. Wir fühlen uns heimisch, verankert, geeint mit dem Ozean. Solange es das Meer gibt, ist unsere Welt nicht verloren …

Ankerplatz-Tipps im Makemo Atoll:
Ankerplatz vor dem Dorf Pouheva:
16 Grad 37,67´Süd + 143 Grad 34,40´West; 14 Meter Wassertiefe, viele Korallenköpfe, nur bei NE bis NW Winden geschützt; Bäckerei, zwei Supermärkte, Post, schönes Schnorcheln im Pass Arikitamiro, vor allem die Dorfseite (westliche Seite) ist sehr interessant.

Ankerplatz am östlichen Ende der Lagune:
16 Grad 39,43´Süd + 143 Grad 23,57´West; fünf Meter Wassertiefe, gut geschützt von N – E – S, tolles Schnorcheln mit bunten Korallen im sehr seichten Wasser nahe beim Außenriff; an Land eine Zisterne für Nutzwasser, schöne Spaziergänge, unbedingt Hubert besuchen, der seit 23 Jahren hier lebt und sich ein kleines Paradies geschaffen hat, er wohnt ca. 20 Minuten Fußmarsch vom Haus mit Zisterne entfernt.


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