Bärig

10. September 2017 - Beobachten, ausholen, zupacken, fressen. Breitbeinig stehen Grizzlys im seichten Fluss von Geographic Harbour und lauern.

Möwen dümpeln neben ihnen. Weißkopfseeadler ziehen ihre Kreise. Mit erschöpften Flossenschlägen kämpfen sich Lachse flussaufwärts. Sie sind zurück von ihrer jahrelangen Reise durch den offenen Pazifik. Von einem geheimnisvollen Instinkt getrieben, kehren sie an die Mündung "ihres" Flusses zurück und finden genau jene Stelle wieder, an der sie geboren wurden. Dort laichen sie und sterben. Der Kreis schließt sich.

Patsch! Mit einem präzisen Prankenhieb beendet eine Bärenmutter den langen Weg eines Lachses. Es ist erstaunlich, mit welcher Geschicklichkeit sie den Fisch mit der Tatze aus dem Wasser holt. Anfang September zählt für die Bären jeder Fisch. Schon bald werden sich die Grizzlys in Höhlen verziehen und ihren Winterschlaf antreten. Sie werden sich sechs Monate aufs Ohr legen und müssen von den Fettreserven zehren, die sie jetzt Lachs für Lachs anlegen.

Nur Boote und Wasserflugzeuge erreichen Geographic Harbour im Katmai National Park am nördlichen Ende der Alaska Peninsula. Nomad ankert ganz hinten im Fjord vor erodierten, steilen Vulkanbergen. Fotografen, Naturliebhaber, Touristen - sie alle kommen im Spätsommer hierher, um den Bären beim großen Fressen zuzusehen. Diese braunen Riesen faszinieren. Ihr flauschiges Fell, ihre putzig kleinen Ohren, ihr tollpatschiges Aussehen erinnern an die geliebten Teddybären unserer Kindheit. Ihre immense Kraft, ihre Unberechenbarkeit und ihre tödlichen Klauen machten sie zu einem der meist gefürchteten und gejagten Raubtiere. In Europa sind Bären fast ausgerottet und auch in Nordamerika gibt es immer weniger. Angeblich riechen Grizzlys siebzig mal besser als wir Menschen. Sie sind Einzelgänger und mögen es gemütlich. Ein Angriff oder Kampf ist für sie das letzte Mittel. Deshalb Abstand halten. Beim Wandern in der Wildnis immer laut reden, singen, Krach machen, in die Hände klatschen, damit wir die Bärlis nicht überraschen. Niemals ködern, niemals füttern, nie anfassen. Begegnet man doch mal einem Bären, soll man ruhig bleiben! Das kling irgendwie illusorisch und sehr theoretisch. Zuerst freudige Erregung, dann Todesangst! Vielleicht klammert man sich in diesem Moment gerne an die Dose Bear Spray - besonders scharfes Pfefferspray -, das als Verteidigungsmittel angepriesen wird und tritt langsam den Rückzug an. Und bitte dabei nie dem Bären direkt in die Augen schauen, das deutet er als Zeichen der Aggressivität. Stay safe in bear country!

P.S.: Was den Bären schmeckt, schmeckt auch uns. Sind schon völlig Lach(x)s!