Kurzurlaub

12. April 2017 – Düsen auf der Autobahn gen Süden. Raus aus dem Regen. Rein in die Sonne.

Nach fünf Stunden erreichen wir Marano.

Über eine lange Holzbrücke gelangen wir in den Ort. Marano ist kein Dorf und keine Stadt. Marano ist Marano. Die Menschen hier leben vom Fischfang, wohnen in schönen Häusern aus Stein, kennen einander, grüßen, lachen, plaudern. Auf der Piazza spielen Kinder Fußball im milden, kastanienfarbenen Abendlicht. Bei einem Apertiv beginnen wir zu reflektieren: wie sehr wir diese Gegend lieben, welche Bedeutung sie für uns hat; über unsere Abreise vor fünf Jahren, über unvergleichliche Sonnenuntergänge, durchwachte Nächte, über den Wind, das Eis und das Meer; von den schönen Dingen und von der Angst, diese wieder zu verlieren. Wir reden in die Stille hinein. Mit Wolf kann man gut reden, selbst wenn er hungrig ist. Dann serviert die Wirtin Tintenfische mit Polenta und wir stoßen mit kühlem Frizzante an. Eine Schwäche von mir sind italienische Lokale.

Wenn Wolf und ich Urlaub machen, wird es sehr oft unbequem: Wir haben in der Wüste Tunesiens bei Dauerregen im Zelt gewohnt; in Kroatien bei Sommerhitze im Auto geschlafen - ohne Dusche, ohne Toilette. Vor vielen Jahren in Frankreich auf einer Grünfläche neben der Autobahn im Biwaksack übernachtet. Und als wir zum Parkplatz der Marina losmarschieren, beschleicht mich eine Vorahnung, dass auch dieser Kurzurlaub ungemütlich wird. Wir gehen bereits um zehn Uhr ins Bett, was vielleicht etwas spießig ist. Verbringen die Nacht auf unserer harten Matratze im Auto und halten den Atem an, als gegen 02:00 Uhr Früh ein Carabinieri mit Handy am Ohr unseren Opel umkreist. Bin langsam zu alt für solche Abenteuer. Daher beziehen wir am nächsten Tag Quartier bei unseren lieben Freunden von der Risho Maru, der herrliche Wharram-Kat steht am Ufer des Sternenflusses. Unglaublich schön.

Die Zeit gleitet dahin wie ein Cabrio auf einem Strandboulevard. Und ganz allmählich geschieht etwas Wunderbares. Wir denken immer weniger an das hektische Leben zuhause. Was wir noch alles erledigen müssen vor unserer Rückkehr nach Kanada, ist irgendwie vergessen. Nach und nach fallen die Sorgen ab. Und es tut verdammt gut in diesen Zeiten mal eine Internetpause einzulegen. Was für ein Glück für kurze Zeit alle Sorgen los zu sein. Dieses Gefühl hält noch an, als wir am vierten Tag des Kurzurlaubes in den Triebener Tauern eine Schitour auf den Kleinen Bösenstein unternehmen. Wir können es bewahren dieses Schweben im Kopf, zumindest für einige Zeit.