8. Der Sack ist zu

Die Weltumsegelung war komplett, doch die Reise noch lange nicht zu Ende. 1.500 Meilen bis zu den Azoren.

Und über 4.000 Meilen bis Izola. Zwei Tage später in Tarrafal der große Dämpfer. Mitten in der Nacht kamen Banditen an Bord. Computer, Bargeld, Kleidung, Schuhe weg. Zum Glück schreckten wir erst auf, als die Diebe mit der Beute abzogen. Geschockt lichteten wir den Anker; hier wollten wir nicht mehr bleiben.

Die nächste Etappe hart am Wind gegen den Nordost-Passat brachte uns an den Rand der Erschöpfung. Die kräftezehrenden Dreistundenwachen der letzten Monate steckten uns in den Knochen. Oft musste ich beim Wachwechsel Wolfs Namen fünf Mal rufen, bis meine Stimme in sein betäubtes Bewusstsein drang und er in der Lage war, aufzustehen. Müdigkeit, Müdigkeit, Müdigkeit. Manchmal wie Folter. Das Bordleben beschränkte sich auf das Allernotwendigste. Essen und Schlafen. Selbst Pinkeln in den „Cockpit-Klokübel" war beschwerlich, die Toilette im Vorschiff blieb überhaupt unbenützt.

Dann die Hafenmauer von Horta im Morgendunst, ein magischer Moment. Unversehrt in Europa angekommen zu sein, verschaffte uns eine tiefe Befriedigung. „Für alles Schöne im Leben hast du im Voraus bezahlt", sagte Wolf leise und drückte mich fest an sich.

Das Mittelmeer war in Sachen Segeln ein Flop. Die meiste Zeit herrschten Flaute oder Gegenwind; aber was soll`s. Am 9. Oktober 2009 schloss sich der Kreis in Izola, wo dieses Abenteuer begonnen hatte. Zum zweiten Mal hatten wir den Globus umrundet, das machte uns demütig und dankbar. In unsere Aufregung und Freude mischte sich aber auch Furcht. Vor der Heimkehr, vor den Umstellungen, die das Leben an Land mit sich bringen würde. In Izola von Bord zu gehen, fiel uns unglaublich schwer. Wir hatten das Gefühl, uns gegen den natürlichen Lauf der Dinge zu stemmen.

 

Hafen von Velas, Sao Jorge, Azoren, Juli 2009