1. Wie alles begann

Es gibt Wintertage in der Stadt, an denen sich der Himmel in einem konturlosen Grau über den Dächern und Rauchfängen der Stadt verliert.

Tage, an denen sich der hoffnungslose Hochnebel für Wochen nicht lichtet und an denen dieses triste Grau auch die Seelen der vermummten Menschen in den Straßen erfasst. Tage, an denen eine schneidende Kälte in unseren Körper kriecht, die weder vom heißen Punsch noch vom lodernden Kaminfeuer vertrieben werden kann. An einem dieser Tage nahm unser Fernweh unvernünftige Proportionen an und wir beschlossen das Leben zu wagen und einfach wegzugehen ...
Vielleicht hatten wir das Glück, dass wir beide an einem jener Wendepunkte angelangt waren, an denen man vor einer Weggabelung steht und sich für den unbequemen, holprigen Pfad entscheidet anstatt der geraden und einfachen Route zu folgen. Vielleicht aber auch hatten wir das Glück, dass wir beide bereit waren, unser Leben zu ändern und aus dem Alltagstrott, der uns damals so einengte, auszubrechen, um unserem Sein einen neuen Impuls zu geben.
Die Startbedingungen 1989 waren nicht unbedingt ideal: Unsere Beziehung war ein halbes Jahr jung, wir steckten beide im Berufsleben mit allen Aufstiegschancen und hatten nur wenig Geld gespart. Aber Wolfgang, dem schon seit Jahren undefinierbare Träume durch den Kopf jagten, kaufte bereits ein Jahr vorher einer spontanen Eingebung folgend, eine kleine, alte Segelyacht aus Stahl zum Preis eines Mittelklassewagens. Susi Q schaukelte in Puerto Mogan im Süden Gran Canarias und wartete nur darauf, dass endlich wieder Wind ihre Segel füllte. Diese Gewissheit sowie die hohen Liegeplatzgebühren beeinflussten letztendlich unsere spontane Entscheidung. Zeit zur Vorbereitung blieb uns wenig. Wir kündigten unsere Jobs und Versicherungen, lösten den Hausstand auf und verkauften das Auto. In Zukunft wollten wir selbst entscheiden, wie viel Freiheit wir fürs Geldverdienen aufgaben. Meine Eltern waren sprachlos, unsere Freunde äußerten Befürchtungen über diesen überstürzten Entschluss, und der Abschied von Wolfgangs damals achtjähriger Tochter löste fast ein Familiendrama aus. Wir wischten alle „Wenn“ und „Aber“ vom Tisch und standen Ende März 1989 mit zwei 50 kg schweren Seesäcken vor unserem neuen schwimmenden Zuhause. Ich war noch keine 22 Jahre alt und Wolfgang knapp 34.

Susi Q unter Vollzeug